Ein Blick ins Kandertal: Imkerei ist in der ganzen Gegend in der Regel ein Nebenjob. Aber er ist alles andere als nebensächlich. Denn ohne Bienen, ohne Imker, gerät unsere alpine Lebensgrundlage in Gefahr. Ein Gespräch ohne Übertreibungen.
Besorgter Präsident – Gefährdete Bienen
Ein freundlicher, aber besorgter Präsident des «Bienenzüchterverein Frutigland» stellt sich dem Gespräch über die gefährdeten Honigbienen: Karl Steiner, von Beruf Schreiner und Zimmermann, aber schon lange bei der Post beschäftigt, ist sichtlich bewegt und begeistert von seinen Bienen.
Bis zu 3km würden sie ausfliegen, und weit hinauf in die Hochalpen kommen sie auf ihrer Nahrungssuche. Dass sie gefährdet sind, weiss man schon lange. Aber worin die Gefahr besteht und vor allem, was die Konsequenzen aus dieser Gefährdung sind, das sollte man sich jährlich neu vor Augen führen, meint er.
Und den berühmt gewordenen Film «More than Honey», den hätte er schon mehrfach gesehen.
Gefahr durch Kontaktgifte: Kein «Social Distancing» bei Bienen
Bei einem Besuch im «Beieli-Hus» erklärt er die Gefahrenlage. Ganz offensichtlich sind es vor allem die in den Hausgärten vielfach eingesetzten Kontaktgifte («Spritzmittel»), deren tödliche Wirkung auf ganze Bienenvölker unterschätzt wird. Von vielen Freizeit-Gärtnern werden diese Gifte während des Tages ausgebracht, und die dann in die Gärten ausschwärmenden Bienen kontaminieren nicht nur sich selbst, sondern bei Rückkehr in den Stock auch viele ihrer Artgenossen. Bienen kennen kein «Social Distancing».
Andererseits käme man gerade in den Privatgärten um den Einsatz von Schädlingsbekämpfungsmitteln kaum herum. Eine Lösung kann aber darin bestehen, dass man am frühen Abend, nach Sonnenuntergang, spritzt. Dann können die Gifte wirken und die Bienen sind schon in ihrem Haus.
Dabei müsse man unterscheiden: Denn Schädlingsbekämpfung, die über den Saft der Pflanzen wirke, die treffe vor allem «bohrende Insekten», wozu die Bienen ja nicht zählen. Man solle eben die Packungsbeilagen sehr genau lesen und sich im Zweifel beraten lassen.
Gefahr durch kontaminierte Gewässer
Doch bei allen Insektengiften bestehe die Gefahr, dass sie in das Wasser der Gärten und Felder gelangen, und da genügen oft schon kleine Pfützen. Denn Bienen nehmen eine gehörige Portion Wasser zu sich und trinken aus solchen «Klein-Seen». Sind diese dann verunreinigt, kann das ein «Aus» für die Biene bedeuten. Man sei sich solcher Umstände oft gar nicht bewusst.
Gefahr durch Krankheiten: Milben, Bakterien, Viren und Pilze
Auch Bienen sind nicht gegen Infektionen geschützt. Dabei ist eine verbreitete Gefahr sicher der Milbenbefall. Imker-Präsident Steiner erläutert jedoch, dass man durch eine sorgsame Bewirtschaftung der Bienenstöcke dieser Bedrohung recht gut Herr werden könne: Da die Milben nämlich vorzugsweise Drohnen befallen, könne man die – laienhaft gesagt – «Drohnen-Waben» im Stock anders platzieren und die Milben damit isolieren. Mit dem regelmässigen Tod der Drohnen nach den «Hochzeits-Flügen» der Bienen-Königinnen können damit auch die Milben-Populationen beseitigt werden.
Einem Bakterienbefall ist dagegen schwerer beizukommen. Und es gibt dagegen, ebenso wie bei einem Viren- oder Pilzbefall, eigenständige Programme. Und einige der Bienen-Krankheiten sind sogar bei den kantonalen Behörden meldepflichtig. Der Bienenzüchterverein hat dazu ein Merkblatt herausgegeben, das man von der Website herunterladen kann.
Honigbienen sind jedoch auch durch die ultraschnell «zuschlagenden» Scheibenmäher (statt der früheren Balkenmäher) mancher Bauern in Gefahr: Die Bienen können einfach nicht mehr schnell genug ausweichen und gehen dann mechanisch zugrunde.
Gesamtbewertung
Unsre alpine Umgebung ist insgesamt stark gefährdet, wenn es den Bienen schlecht geht. Das klingt etwas übertrieben, ist es aber nicht: Ohne Bienen kommt es nicht nur zum Ausfall der natürlichen Bestäubung, sondern in dessen Folge auch zum Wegfall von Früchten. Und davon ist nicht nur das Obst betroffen, sondern auch alle die Feld- und Waldfrüchte, die nicht durch Wind bestäubt werden.
Und dass heute schon der Imkerberuf «seinen Mann oder seine Frau» nicht mehr ernährt, sondern nur noch im Nebenerwerb betrieben werden kann, darf nicht über den Umstand hinwegtäuschen, dass die Imker keine Randerscheinung unserer alpinen Natur- und Kultur-Landschaften sind.
Ein Beispiel: Der seit langem zu beobachtende Rückgang der Artenvielfalt auf den Bergweiden führt notwendiger Weise auch zum Verlust einer gewissen «Geschmacks-Tiefe» gerade in den Bergkäse-Sorten. Manche der Älteren haben dies schon vielfach bemängelt, wenn sie sich einmal «50 Jahre» zurückbesinnen.
Alle reden von «Achtsamkeit»: Das muss aber bei der uns unmittelbar umgebenden Natur beginnen. Zum Beispiel bei den Bienen. Sie sind nicht zu ersetzen. Es geht bei Ihnen wahrlich um «more than honey».